Der Brief der Präsidentin

Liebe Leser:innen, liebe Freund:innen unserer Association

 

 

Dies ist mein erster Brief an Sie.

 

 

Es hat lange gedauert, bis wir uns entschieden haben, an die Öffentlichkeit zu treten. Unsere (noch) kleine Fachgesellschaft wurde 2021 gegründet, damals inspiriert vom inzwischen verstorbenen belgischen Gender-Chirurgen Dr. Bart van de Ven. Sein Ziel war es, für trans Personen, also Menschen mit geschlechtlichen Varianten, exzellente Behandlungsmöglichkeiten zu schaffen.

 

 

Dieses Ziel hatte er in seiner 2pass-Klinik in Antwerpen vorbildlich umgesetzt. Dr. van de Ven war deswegen im Laufe der Jahre zum Hass- und Neidobjekt politisch rechter Kreise und einiger ärztlicher Kolleg:innen geworden. Er erlebte, wie versucht wurde, seine Behandlung von trans Personen durch Lügen und Legenden in den Schmutz zu ziehen und gegen ihn persönliche Diffamierungskampagnen zu inszenieren, um Behandler:innen wie ihn zu diskreditieren.

 

 

Dadurch wurde seine Idee geboren, eine Fachgesellschaft der Wahrheit und Wahrhaftigkeit rund um Gender Health ins Leben zu rufen. In dieser Fachgesellschaft sollten sich queere (also auch trans) Personen, deren Angehörige, Behandler:innen, Medienleute und alle, die sich dem Ziel der Förderung queerer Gesundheit verpflichtet fühlen, zusammentun und sich für die Belange queerer Gesundheit, also Geschlechtsgesundheit, engagieren. Zur Erklärung: »Queer« ist für uns kein ideologischer Kampfbegriff, sondern bezeichnet bei uns Personen mit einer »LGBTIA«-Thematik. Da die Buchstaben sehr unhandlich sind und sich Menschen bezüglich ihrer Geschlechtlichkeit nicht unbedingt in Buchstabenschubladen einordnen (lassen), nennen wir diese »Population« einfach »queer«.

 

 

Nach der Gründung haben wir uns an die Arbeit gemacht und ein Konzept erstellt. Wir haben rasch erkannt, dass es mehrere Ansätze gibt, wirksam der Wahrheit und Wahrhaftigkeit auf dem Feld der geschlechtlichen Gesundheit zu dienen.

 

 

Ein wichtiges Mittel, um Legenden und Fakes z.B. über trans Personen zu entlarven, ist seriöse evidenzbasierte Wissenschaft. Seriös bedeutet, stichhaltige Fakten über gesundheitliche Behandlungsmöglichkeiten sauber zu recherchieren und kritisch zusammenzufassen. Damit unsere Fachgesellschaft dies verwirklichen kann, haben wir als Kooperationspartner eine schweizerisch-deutsche Spazialist:innen-Organisation ins Boot geholt, nämlich das JBI-Centre for Health Consumer Ethics and Evidence Based Gender Health Care in Hamburg/Luzern. Denn: Nur mit stichhaltigen Konzepten können wir seriöse Verbesserungsvorschläge für das Schweizer Gesundheitswesen unterbreiten. Evidenzbasierte Geschlechtsmedizin ist in der Schweiz noch neu, insbesondere für die trans »Kompetenzzentren« der Universitätskliniken.

 

 

Ein weiteres Instrument, um eine gute Gesundheitsversorgung queerer Personen zu erreichen, ist das wissenschaftliche Gebiet der Geschlechtsethik. Hier geht es um Bedürfnisse der von Klient:innen und Patient:innen. Um Fragen wie z.B.: Sollen trans Personen das Recht haben, über ihre Therapie selbst zu entscheiden? Oder: Soll man dieses Recht auch trans Kindern und Jugendlichen zubilligen? Haben trans Personen ein Recht auf erfüllte Sexualität? Solche Fragen/Themen unterliegen derzeit noch einem grossen Tabu. Die Ethik kann hierzu gute, treffsichere Antworten geben. Um auch auf dem Gebiet der Ethik unsere Expertise auszubauen, haben wir exzellente, renommierte Ethiker wie Herrn Prof. Schreiber, Helmut Schmidt Universität Hamburg, für eine Zusammenarbeit gewonnen.

 

 

Derzeit bauen wir gerade unseren wissenschaftlichen Beirat auf, der uns bezüglich Gender Health Expertise unterstützen wird. Wenn der Aufbau abgeschlossen ist, werde ich Ihnen ausführlich darüber berichten. So viel sei verraten: Prof. Schreiber ist selbstverständlich Mitglied des wissenschaftlichen Beirats.

 

 

Sie sehen, politische Ideologie ist nicht unser Feld, wir sind in der Wissenschaft und der alltäglichen Gesundheitspraxis, sprich in der Versorgung, zuhause.

 

 

Ein Werbeslogan aus den 1970er Jahren für eine fossile Brennstoffmarke lautete:

»Es gibt viel zu tun, packen wir es an«. 

Der Slogan gilt auch für uns, ungeachtet unserer Sympathie für nicht-fossile Mobilität

 

 

Eine gute Zeit wünscht Ihnen

 

 

Saskia von Moos
Präsidentin der Association for Evidence-based Gender Health